Rüstungsexport nach Indonesien Schwere Panzer, leichte Zweifel, großes Geschäft
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Deutschland liefert mehr als 150 Panzer nach Indonesien - und geht mit dem Geschäft intransparenter um als die Regierung in Jakarta. Während Menschenrechtler von einem "falschen Signal" sprechen, fragen sich Sicherheitsexperten in Südostasien: Warum braucht ein Insel- und Regenwaldstaat ausgerechnet Panzer, die für das offene Feld ausgelegt sind?
Susilo Bambang Yudhoyono bezeichnet sich selbst gerne als "offenen Präsidenten". Seine Rolle erfüllt er manchmal mit allzu großem Elan - auch zum Leidwesen der deutschen Kanzlerin. "Was wir noch nicht alleine herstellen können, müssen wir von anderen Ländern kaufen, von freundlichen Staaten. Zum Beispiel aus Europa, England, Amerika, Australien und jetzt aus Deutschland", erklärte das indonesische Staatsoberhaupt im Juli 2012 bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Angela Merkel freiheraus.
Wahrscheinlich ahnte "SBY" zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ihm ein diplomatischer Fauxpas unterlaufen war, galt das Thema Panzerexport in Deutschland doch als heikel: Im Vorfeld der Reise nach Jakarta hatte die Bundesregierung immer wieder betont, dass es bei dem Besuch nicht um Rüstungsgeschäfte gehen werde und "Rüstungsausgaben nicht so sehr im Mittelpunkt des indonesischen Interesses" ständen - obwohl die Medien des südostasiatischen Landes bereits seit Wochen über das Thema berichtet hatten. Nur fünf Tage nach dem Zusammentreffen erteilte das Repräsentantenhaus in Jakarta seine Zustimmung zum Kauf deutscher Kampfpanzer des Typs Leopard 2.
Offene Indonesier, verschwiegene Deutsche - diese bizarre Rollenaufteilung prägt das Geschäft, das dem Militärkonzern Rheinmetall mehrere hundert Millionen Euro Umsatz bringen soll. Während Indonesiens Regierung den Einkauf der 104 Leopard-Kriegsfahrzeuge und die Aufstockung der Order um 50 weitere Schützenpanzer des Typs "Marder 1A2" im Herbst 2012 selbst verkündete, erfährt die deutsche Öffentlichkeit erst jetzt offiziell von dem Deal. Die Zustimmung durch das geheim tagenden Sicherheitskabinett der Bundesregierung wurde nur durch die Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Katja Keul bekannt - Details wie die Frage, ob es sich wie erwartet um gebrauchte, aber modernisierte Bundeswehrpanzer handelt, werden dabei nicht beantwortet.
Die Niederlande lehnten ab, Deutschland sagte ja
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Neben der fehlenden Transparenz stellt sich wie stets bei deutschen Rüstungsexporten die Frage nach den Menschenrechten: Zum politischen Grundsatz gehört es, dass das Sicherheitskabinett unter Führung der Kanzlerin Exporte an Länder ausschließt, "die sich in bewaffneten äußeren Konflikten befinden oder bei denen eine Gefahr für den Ausbruch solcher Konflikte besteht". Auch ein möglicher Einsatz zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung gilt als Ausschlusskriterium.
Ob Indonesien diesen Ansprüchen einhundert Prozent gerecht wird, darüber lässt sich streiten. Das niederländische Parlament lehnte 2011 einen Panzerdeal mit der ehemaligen Kolonie aus ethischen Gründen ab. Andreas Harsono, der die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in Indonesien vertritt, kritisiert im Gespräch mit Süddeutsche.de, dass nun Deutschland eingesprungen ist: "Das sendet das völlig falsche Signal aus, dass nun alles in Ordnung ist."
Denn während die Bundesregierung Indonesien als Stabilitätsanker in Südostasien bezeichnet und den demokratischen Fortschritt lobt, fällt das HRW-Urteil ernüchternd aus: "Seit Susilo Bambang Yudhoyono 2004 an die Macht gekommen ist, hat sich nur wenig verbessert", sagt Harsono.
Regelmäßig werde von Übergriffen durch Sicherheitskräften und Militär berichtet, die ob schwacher Gesetze und einer allzu nachsichtigen Justiz nur selten geahndet werden. Vor allem im Konflikt zwischen der Regierung und den Separatisten in Westpapua kommt es demnach zu Menschenrechtsverletzungen. Die Verfolgung religiöser Minderheiten kritisierte im vergangenen Jahr auch Deutschland im UN-Menschenrechtsrat. Das Verbot von Folter im Militärkodex, dem Indonesien 2007 auf internationalen Druck zustimmte, ist noch immer nicht umgesetzt.
Da sich die Inselrepublik in den vergangenen Jahren insgesamt aber stabilisiert hat und Korruption ein größeres Problem als der Hang zum Autoritarismus darstellt, gilt ein Einsatz deutscher Panzer gegen die eigene Bevölkerung als derzeit unwahrscheinliches Szenario - eine Kontroverse wie bei der Diskussion um mögliche Waffenexporte nach Saudi-Arabien dürfte der Bundesregierung erspart bleiben.
Mit dem "Leo" durch den Dschungel?
Vor Ort diskutieren indonesische Sicherheitsexperten weniger über die humanitären Aspekte, als über den generellen Sinn des Kaufs. Die Panzer werden nach Informationen von Spiegel Online zwar für den Häuserkampf umgerüstet, doch Yohanes Sulaiman von der National Defense University in Jakarta hat Zweifel an deren Brauchbarkeit. "Die Modelle sind für Beton und freies Feld geeignet, doch die Inseln Indonesiens bestehen zum Großteil aus Dschungel", erklärt er.
Viele der Brücken im Land sind womöglich überhaupt nicht für die schweren Fahrzeuge ausgelegt und könnten unter dem Gewicht eines Leopard 2 einstürzen. Vor allem aber bestehen 70 Prozent des Territoriums ohnehin aus Meer. Sulaimans Fazit: "Dieser Kauf ist einfach nur unsinnig. Die Armee braucht etwas zum Vorzeigen, nachdem Malaysia schon Leopard-Panzer gekauft hat." Immerhin bei den traditionell pompösen Militärparaden dürften die Riesen-Kriegsfahrzeuge durchaus Eindruck machen.
Andere Kritiker weisen darauf hin, dass neben den Anschaffungs- auch hohe Folgekosten durch Wartung bei Panzern zu erwarten sind. Genau bei der Instandhaltung könnte Deutschland ansetzen, sollte sich Indonesien doch als weniger stabil und demokratisch erweisen: "Sobald Berlin davon hört, dass die Panzer in Indonesien gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden, sollte man schlicht keine Wartungshilfe mehr geben", fordert HRW-Mann Harsono. Dann könnten die Fahrzeuge in kurzer Zeit unbrauchbar werden.
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